Die Regenbogenforelle,
ein Einwanderer aus Amerika
Max von dem Borne, Pionier des Angelsports und der Fischzucht führte 1882 die ersten befruchteten Eier nach Deutschland ein. Sie stammten nicht aus reinrassigen Zuchtfischen, sondern waren das Ergebnis der Kreuzung verschiedener Zuchtformen. Die Stammform Salmo gaidneri, auch Salmo irideus genannt, bewohnt als anadromer Wanderfisch die Küstengewässer im Westen Nordamerikas vom südlichen Alaska bis zum südlichen Oregon. Dort hat sie auch zahlreiche örtliche Formen angenommen.
Die Stahlkopfforelle „steelhead trout“ ist eine Unterart und entspricht der Lebensweise unserer Meerforelle. Sie wird etwa 70 cm groß und ist ein Frühjahrslaicher, während andere Stämme auch schon im Winter laichen. Erst die starke Nachfrage nach Regenbogenforellenbrut führte dazu, dass auch die Brut von Stahlkopfforellen und Purpurforellen „Cutthroat Forelle“ nach Europa eingeführt wurde. Während die Steelhead zur Fortpflanzung vom Meer in ihren Geburtsfluss wandert, lebt Cutthroat, auch Kehlschnittforelle genannt, vorwiegend in Seen. Sie hat auf beiden Seiten der Kehle einen langen blauroten Streifen und ähnelt in der Lebensweise der Seeforelle. Früher wurden vielfach Kreuzungen der Cutthroad mit der Regenborenforelle künstlich erzeugt und auch in Deutschland ausgesetzt.
Salmo shasta, in Amerika Rainbow Trout genannt, ist eine Unterart und eine reine Süßwasserform, die in Bergbächen des Mount Shasta in Kalifornien lebt. Diese Art ist weniger wanderlustig. Daneben gibt es Lokalformen wie die schnellwüchsige Kamloops Forelle. Sie stammt aus dem Kamloopssee in Kanada. Es wurden wohl ursprünglich die beiden Arten Salmo gaidneri Richardson und Salmo shasta Jordan aus Nordamerika eingeführt. Aber durch die in den Zuchtanstalten starke genetische Vermischung gibt es heute kaum noch reine Stämme. Unsere heutigen Bestände in Salzach, Alz und Inn sind alle Bastardschwärme, bei denen durch willkürliche oder zufällige Auslese Eigenschaften der einen oder anderen Art mehr oder minder vorherrschen. Wenn es in unseren Gewässern keine standorttreuen Fischbestände gibt, dann ist der Anteil an Erbgut der Stahlkopfforellen zu hoch, da diese einen starken Wandertrieb ausbilden. Durch neue Züchtungsmöglichkeiten und Einkreuzungen der nichtwandernden Shasta-Form sind Versuche gelungen, die Regenbogenforelle bei uns als standorttreuen Fisch heimisch zu machen.
Die äußere Gestalt der Regenbogenforelle entspricht weitgehend der Bachforelle. Zum Unterschied dazu ist der ganze Körper einschließlich des Kopfes, jedoch mit Ausnahme des silberhellen Bauches, mit zahlreichen schwarzen X-förmigen und kreisrunden Flecken verschiedener Größe gesprenkelt. Die Punktierung erstreckt sich auch über die Rücken-, Fett- und Schwanzflosse. Sie fehlt bei den übrigen Flossen ganz oder fast ganz. Die Schwanzflosse ist bei allen Altersklassen leicht eingebuchtet. Ihren Namen verdankt die Forelle einem breiten rötlichen, von grünlichen und bläulichen Tönungen gesäumten Band entlang der Seitenlinie, das an einen Regenbogen erinnert, der aber bei ausgiebiger Fütterung in Teichwirtschaften verblasst.
Der Zeitpunkt des Laichaktes hängt von der Wassertemperatur ab. Die Forelle hat einen treffsicheren Instinkt für die Strenge und Länge des bevorstehenden Winters und weiß, wie viel Wärme die befruchteten Eier bis zum Schlüpfen der Brut brauchen. Von der Befruchtung bis zum Schlüpfen der Brut werden je nach Wassertemperatur 50 bis 90 Tage beansprucht. Die Laichzeit beginnt im Dezember und endet etwa im Mai. Durchschnittlich 1500 bis 2500 Eier mit einem Durchmesser von 4 mm werden je Kg Körpergewicht vom Rogner abgesetzt. Nach dem Laichen ziehen die Elterntiere stromabwärts in tiefere Regionen. Die Fischlarven ernähren sich ungefähr eineinhalb Monate von ihrem Dottersack, wobei sie sich zunächst zwischen Steinen verbergen. Die kleinen Fischchen versuchen Kleinkrebse, Insektenlarven und Würmer zu erbeuten.
Die jungen Forellen bis etwa 15 cm Länge sind durch 11 bis 13 große dunkle Flecken gekennzeichnet. Bei ausreichendem Nahrungsangebot können sie sich nach 2 bis 3 Jahren selbst fortpflanzen. Genetisch bedingt fällt die Laichzeit der Weibchen nicht immer mit der Laichzeit der Männchen zusammen, da es sich um Mischungen der verschiedenen Rassen handelt.
In der Zucht werden die Elterntiere mit Hormonspritzen behandelt, so dass die Reife des Rogners zur selben Zeit eintritt wie die der Milchner. Beide Geschlechter werden gestreift und der Rogen wird in einem Gefäß mit der Milch der gestreiften Männchen vermengt und befruchtet. Die Brut wird in besonderen Gefäßen im strömenden Wasser herangezogen. Es werden aber wieder Hybriden gezeugt, deren Laichzeiten hormonbedingt nicht immer übereinstimmen, so dass in Wildgewässern nur ausnahmsweise und nicht immer der gemeinsame Laichakt vollzogen wird.
In Fischzuchtanstalten, wo sie mit Futterpellets aufgezogen werden, wachsen die Regenbogenforellen in 2 Sommern auf etwa 25 cm Länge und auf ein Gewicht von 200 g und mehr heran. Ausgewachsene Forellen brauchen im offenen Wasser Bewegungsfreiheit, die ihnen in Salzach und Inn ausreichend zur Verfügung steht. Zum Jagen zieht die Forelle manchmal stromaufwärts, um im raschen Zugriff mal links, mal rechts vom Kurs abweichend, Insekten aufzunehmen. Nach dem Beutezug lässt sie sich von der Strömung an ihren Ausgangspunkt zurücktreiben. Sie ist weniger als die Bachforelle auf Verstecke angewiesen und da sie sich mehr im freien Wasser aufhält, können Bachforellen und Regenbogenforellen nebeneinander leben. Auch nimmt die Regenbogenforelle geringe Wasserverschmutzung für längere Zeit hin, kommt mit weniger Sauerstoff aus und ist gegenüber höheren Wassertemperaturen bis über 25 Grad Celsius ziemlich unempfindlich, wodurch sie als Besatzfisch für die Alz besser geeignet zu sein scheint als andere Salmoniden.
Die Regenbogenforelle ist ein Kleintierfresser bis ins hohe Alter, die Wasser- und Landinsekten in allen Entwicklungsstadien sowie Kleinkrebse bevorzugt, aber auch Fischbrut und junge Fische zumindest zeitweise nicht verschmäht. Sie ist ein wahrer Wetterprophet. An scheinbar ungünstigen Beißtagen entwickelt sie eine derart große Fresslust, die in wahre Orgien ausartet. Nach so einem „Hexensabbat“ erfolgt oft am nächsten oder übernächsten Tag ein schwerer Witterungsumschlag, der einen längeren Landregen oder Hochwasser mit sich bringt. Dieses ungewöhnliche Fressen auf Vorrat ist darauf zurückzuführen, dass die Fische die Fähigkeit besitzen, Hungerperioden vorauszuahnen.
In größeren Seen kann die Forelle ein beachtliches Gewicht bis über 25 Pfund erreichen. Die obere Altersgrenze dieses Fisches liegt bei etwa 11 Jahren. Aber nicht nur im Süßwasser kommt in Europa die Regenbogenforelle vor.
So habe ich vor Jahren in der Adria an der istrischen Küste bei Umag beim Flachwassertauchen eine Regenbogenforelle vor meiner Taucherbrille vorbeiziehen sehen. Bestimmt eine Täuschung dachte ich. Zwei Tage später fing ein Fischer in seinem in Ufernähe ausgelegten Netz 2 Regenbogenforellen. Jetzt war ich sicher, es gab sie. Eine Meeresbiologin, die sich mit dem Fischbesatz in der Adria befasste, erzählte mir, dass vor Jahren in Portoroz, einer Hafenstadt in Slowenien, wenige Kilometer südlich Triest eine größere Anzahl fingerlanger Regenbogenforellen ausgesetzt wurde, um ihr Verhalten im Meer zu erkunden. Es stellte sich heraus, dass diese Fische nicht ins offene tiefe Meer abwanderten, sondern sich im flachen, küstennahen Bereich aufhielten, wobei sie den Kleinfischern in die Stellnetze gingen. Also ein voller Besatzerfolg.
Die Regenbogenforelle mit all ihren genetischen Varianten ist aus unseren Gewässern nicht mehr als Angel- und Speisefisch wegzudenken und sie wird, da ihre Einbürgerung schon sehr lange zurück liegt, als heimischer Fisch betrachtet.
Günter Geiß