Fischereiverein Burghausen e.V.

Karpfen, Haustiere in unseren Gewässern

 

Fossilien verraten, dass der Karpfen ursprünglich vor mehr als 4 Millionen Jahren im gesamten Eurasien beheimatet gewesen ist. Unsere heutige Wildform stammt aus dem Gebiet um das Kaspische Meer und von dort verbreitete sich der Fisch nach dem Rückgang des Eises vor etwa 8 000 Jahren über das Einzugsgebiet der Donau nach Deutschland. Linne gab dem Karpfen 1758 den wissenschaftlichen Namen Cyprius carpio. Der Name ist auf „Kypris“, den Beinamen der Aphrodite, der Göttin der Liebe, zurückzuführen, wobei auf seine Fruchtbarkeit verwiesen wird.

 

 

Der Wildkarpfen benötigt zum Laichen niedrige Wassertemperaturen von etwa 17 bis 20 Grad und begnügt sich mit der Vegetation des Vorjahres und mit Wurzelwerk von Bäumen. Er kann sich in unseren Gewässern vermehren, ist vitaler und weniger anfällig gegenüber Zuchtformen. Die gestreckte Urform trägt ein geschlossenes Schuppenkleid. Ein geringer Bestand lebt in unserer Region auch im Marktler Badesee, im Inn und in der Seibersdorfer Lacke, die eine Verbindung zum offenen Fluss hat. Aus dieser Urform sind durch Auslese verschiedene Karpfenstämme herausgezüchtet worden. Im Mittelalter wurden eingeführte Zuchtformen von den Mönchen in ganz Europa verbreitet und durch weitere Zucht veredelt. So entstand erst der höher rückige Schuppenkarpfen und im 16. Jahrhundert wurden Karpfen mit reduziertem Schuppenkleid erwähnt. Weitere Beschuppungstypen sind der Spiegelkarpfen, der nur einzelne, oft miteinander verschmolzene Schuppen trägt, die an einen Spiegel erinnern. Der Zeilkarpfen besitzt eine Reihe von vergrößerten Schuppen entlang der Seitenlinie und gehört zur Galizischen Rasse. Der Nackt- oder Lederkarpfen ist fast völlig schuppenlos und zählt zur Böhmischen Rasse. Im Mittelalter, als die Mönche zur Fastenzeit nur Fische essen durften, die nicht über den Tellerrand hinausragten, züchteten sie den hochrückigen, fast schuppenlosen Aischgründer Höckerkarpfen, der kreisrund in eine Pfanne passte.

 

Der Karpfen besiedelt langsam fließende oder stehende Gewässer mit mulmigem und verkrautetem Boden und kann auch bei niederen Sauerstoffwerten um 3 mg/l leben. Seine Nahrung besteht hauptsächlich aus Bodentieren wie Schnecken, Muscheln, Würmer und Insektenlarven, die er mit seinem vorgestülpten, rüsselartigen Maul beim Grundeln aus dem lockeren Schlamm saugt. Auch pflanzliche Kost verschmäht er nicht. Im warmen Wasser frisst der Karpfen mit gesteigertem Appetit, fällt aber ab 30 Grad in eine Art Wärmestarre. Das Abwachsen im Wildwasser hängt auch von der Bestandsdichte ab. Ihre Laichplätze sind pflanzenreiche, flache Uferstellen, besonders überschwemmte Wiesen. Bei Wassertemperaturen über 20 Grad laichen die Fische in den Monaten Mai bis Juli. Fehlen die entsprechenden Laichplätze, z.B. das frische Gras überschwemmter Wiesen oder die Wassertemperatur ist zu niedrig, kann der Laichvorgang völlig unterbleiben. In der Natur laichen immer mehrere Paare miteinander, wobei die Milchner die Weibchen treiben. Auf dem Höhepunkt des Laichspiels entlässt das Weibchen seine Eier ins Wasser und die Männchen ergießen ihre Milch darüber. Die befruchteten Eier sinken langsam ab und kleben an Grashalmen und Wasserpflanzen fest. Nach dem Schlüpfen schwimmen die Larven an die Wasseroberfläche, um ihre Schwimmblase mit Luft zu füllen. Die Jungfische ernähren sich von pflanzlichem und tierischem Plankton und kleinen Bodentierchen. Unsere Zuchtkarpfen sind eigentlich Haustiere, deren Bestand in unseren Gewässern durch Besatzmaßnahmen erhalten wird. Das Endalter dürfte etwa bei 40 Jahren liegen, bei guter Pflege im Aquarium erreichte ein Karpfen 81 Pfund an Gewicht.

 

Im Marktler Badesee trifft man Kolosse über der 50 Pfund-Grenze. Auch im Wöhrsee kann man Spiegler und Schuppler zwischen dem krautigen Bewuchs treffen. In der Badezone haben sie sich anscheinend so an die Badenden gewöhnt, dass man schon mal beim Schwimmen einen der Riesen mit den Füßen streift. Im Spätherbst, wenn das Wasser die 8 Grad-Grenze unterschreitet, stellen sie die Nahrungsaufnahme ein und suchen tiefere Bereiche auf. Den Winter über verbringen sie nicht selten eingegraben im lockeren Schlamm. Nur die rötlichen Glupschaugen und die Nasenlöcher verraten das wärmende Schlammbett dieser Rüsselschweine.

Die Winterruhe hat begonnen.

 

Günter Geiß